... Anzeiger

Das Beizensterben hatte auch im Truebtal dazu geführt, dass in den Dörfern nach und nach die Restaurants, Gaststätten oder auch nur die Schnellimbisse verschwanden. Einzig in Grosstruebstetten hatte «Der kauzige Specht» die wirtschaftlichen Wirren und gesellschaftlichen Entwicklungen überstanden und hatte für jedermann geöffnet. Sei es für jene, die ihr Jubiläum mit den Liebsten feierten oder ihren Kummer im Schnaps ertränken wollten. Wer im Tal nach den Beschäftigungslosen und zu-viel-Zeit-Habenden Ausschau halten wollte, war beim kauzigen Specht nie verkehrt.

So erhielt beim Eintreten auch Karin Siegersen vom Wirt die Bestätigung, dass sich die von ihr gesuchte Person im «Stübli» aufhielt. Der Klang aus dem verstaubten Radio, welcher seit dem sich anbahnenden Ende von UKW kurz vor der Pension stand, deutete daraufhin das im Truebfeld gerade die wöchentlichen Pferderennen über die Bühne gingen.
«Wie laufen sie denn?» fragte Karin den beim Billardtisch stehenden und zum Stoss ansetzenden Hanspeter Danuser.
«Was wollen Sie?» gab dieser grantig zurück und verpasste die halbfarbige 14.
«Dachte ich schau mal nach Ihnen, plaudern über die guten alten Zeiten. Ist ja eine Weile her, seit wir uns das letzte Mal gesehen haben» erwiderte Karin, den unfreundlichen Ton ihres Gegenübers ignorierend.
«Komm zum Punkt Lady. Das 6. Rennen beginnt jeden Moment und der alte Danuser hat einen stolzen Betrag auf «Sausewind» gesetzt. Totsicherer Typ von einem Insider.»
Karin setzte zu einem neuen Satz an, wurde aber sogleich von Danuser gestoppt, welcher seinen Zeigfinger an seinen Mund setzte. Aus dem Radio tönte der Reporter:
«Und Sausewind setzt sich an die Spitze und geht mit einem uneinholbaren Vorsprung in die Kurve.»
«Hab ichs doch gesagt, Sausewind…» frohlockte Danuser.«Die Ferien auf den Bahamas sind schon gebucht, es braucht nur noch meine Bestätigung und die Überweisung.»
«Doch was ist das? Von hinten kommt Bohr dir ein Loch ins Knie…» schepperte es aus dem Radio. Karin verzog das Gesicht und Danuser blickte geschockt auf.
«Ja es ist tatsächlich der 1:40-Aussenseiter Bohr dir ein Loch ins Knie welcher auf den Geraden zu Sausewind aufschliesst und zum Überholen ansetzt.»
«Nein Sausewind, nein!» flehte Danuser in Richtung Radiogerät.
«Sausewind bricht regelrecht ein. Es steht zu befürchten, dass der Metzger bald Zutaten für die nächste Lasagne bekommt. Was für eine Tragödie. Das muss ein grosser Schock sein für alle jene, welche mit dem Wettgewinn schon Ferienpläne gemacht haben.»
Ein Billardstock zersplitterte in zwei Teile als er von Danuser schwungvoll gegen die Beizwand geschlagen wurde und eine mit einem gesegneten Verve geworfene Kugel krachte in den alten Radio.
«Wenn ich diesen Gartwyhl und seine Tippagentur erwische…» zischte Danuser.
«Tja…» begann Karin.«Da sich Ihre Ferienpläne soeben geändert haben, ich hätte da ein Alternativprogramm anzubieten.»